Im März 2020 hat das Landgericht Düsseldorf ein erstes und damit maßgebendes Urteil gegen die Bayerische Motoren Werke AG verkündet. Danach wurde einem Verbraucher, welcher Eigentümer eines BMW Modell X1 ist, ein Schadensersatzanspruch gegen die BMW AG wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung zugesprochen.
Das Landgericht begründet seine Entscheidung maßgebend damit, dass dieser PKW, ausgestattet mit dem Motor Typ N47, ein 4-Zylinder-Diesel, mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung verbaut und in den Verkehr gebracht wurde.
Diese unzulässige Abschalteinrichtung liegt laut Gericht in einer Software-Programmierung in Gestalt des sogenannten „Thermofensters“.
Dieses Urteil des Landgerichts Düsseldorf hat Rechtsanwalt Felix Fehrenbach analysiert:
Bemerkenswert ist, dass sich das Landgericht bei seiner Entscheidung im Wesentlichen auf ein Gutachten der Deutsche Umwelthilfe stützt. Das Gutachten wurde am 12.12.2018 von der Deutsche Umwelthilfe über einen BMW X3 xDrive 20d mit der Abgasnorm Euro 5 erstellt.
Das Gutachten und folglich auch das Landgericht Düsseldorf kommen zum Ergebnis, dass die Abgasrückführungsrate bei Außentemperaturen, welche unter 17°C und über 33°C liegen, reduziert bzw. vollständig ausgeschaltet wird.
Die gesetzlich vorgeschriebenen NOx-Grenzwerte von 180 mg/km werden folglich bei weitem überschritten, und zwar um das 2,6-fache. Folge ist, dass der begutachtete PKW BMW X3 xDrive 20d wegen der sehr oft unter 17°C liegenden Außentemperaturen in den Europäischen Mitgliedstaaten zeitweise oder sogar überwiegend im „Schmutzmodus“ läuft.
Laut Landgericht Düsseldorf ist dabei unerheblich, in welchem Maß eine Verringerung der Abgasrückführung erfolgt. Denn die maßgebende Norm, die EG-Verordnung 715/2007, erlaubt eine solche Differenzierung nicht. Vielmehr ist schlicht jede Veränderung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems als Abschalteinrichtung zu bewerten, so das Landgericht.
Diese Schlussfolgerung ist laut Rechtsanwalt Felix Fehrenbach auch rechtlich korrekt. Denn auch andere Landgerichte und Oberlandesgerichte haben bereits entsprechend zu „Thermofenstern“ so entschieden.
Zudem geht eindeutig aus dem Gutachten der Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof in einer Rechtsstreitigkeit gegen die Volkswagen AG hervor, dass auch solche Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen sind.
Richtigerweise zeigt das Landgericht Düsseldorf im Urteil auch auf, dass die Messungen der Deutsche Umwelthilfe einen anderen PKW betroffen haben und dass in diesem begutachteten PKW der Motor B47 eingebaut ist, das Nachfolgemodell des in diesem Rechtsstreit streitigen PKW-Motor im Modell BMW X1. Dennoch kann sich der dortige Kläger zur ausreichenden Substantiierung eines Täuschungsvorwurfs der BMW AG auf die Messwerte dieses Gutachtens berufen.
Denn das Landgericht führt hier aus, dass das begutachtete modernere PKW-Modell im Vergleich zum Vorgänger-PKW-Modell die Normverbräuche um bis zu 0,4 Liter senken sollte. Wenn aber das mit dem bereits „verbesserten“ Nachfolgemodell ausgestattete Versuchsfahrzeug die zulässigen Grenzwerte um das 2,6-fache überschreitet, dann gelte dies „erst recht“ für das im Fahrzeug des Klägers verbaute Vorgängermodell des Motor-Typs.
Diese Testergebnisse zum eigentlich noch saubereren Nachfolgemodell des Motortyps dürfte damit jedenfalls ein zur Substantiierung ausreichendes Indiz dafür darstellen, dass der aus derselben Motorreihe stammende Motor N47 die Grenzwerte ebenfalls überschreitet, so richtigerweise das Landgericht Düsseldorf.
Bislang gab es bei BMW-PKW lediglich offizielle Rückrufe des Kraftfahrt-Bundesamtes zu BMW-Modellen der 5er und 7er-Reihe wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen.
Für das BMW-Modell X1, Gegenstand des Urteils des Landgerichts Düsseldorf, existiert bislang noch kein offizieller Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt. Ebenfalls existiert bislang kein inoffizieller Rückruf, ausschliesslich von der BMW AG initiiert.
Hier finden Sie das Urteil: Urteil LG Düsseldorf wegen Verwendung eines Thermofensters
Fazit und Empfehlung
Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf zeigt, dass auch PKW-Hersteller, deren PKW-Motoren noch nicht von einem offiziellen Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt betroffen sind, Forderungen ihrer Kunden auf Schadensersatz nicht leichtfertig ablehnen sollten.
Denn spätestens wenn im Klageverfahren PKW-Eigentümer nachvollziehbar vortragen, dass ihr PKW mit einer illegalen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, kann dies zu einem für den Eigentümer positiven Urteil führen.
Die Rückrufe der bislang BMW-PKW betreffenden Modelle der 5er und 7er-Reihe wurden am 03.04.2018 veröffentlicht. Betroffen war der BMW 750 3.0 Diesel Euro 6 und der BMW M550 (Limousine und Touring) 3.0 Diesel Euro 6. In diesen PKW -Modellen wurde der Verbau unzulässiger Abschalteinrichtungen festgestellt. Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte damals die BMW AG aufgefordert, bei diesen Fahrzeugtypen mittels eines Rückrufes die vorhandenen unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen, um die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge wiederherzustellen. Bislang sind hiervon laut BMW weltweit lediglich ca. 11.700 Fahrzeuge betroffen gewesen.
Die Zahl der künftigen durch Rückrufe betroffenen PKW von BMW dürfte sich wesentlich erhöhen und auf weitere Modelle ausweiten.
Da Schadensersatzansprüche gegen PKW-Hersteller frühestens drei Jahre ab Kenntnis von dem Verbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung verjähren, bestehen selbst bei den bereits zurückgerufenen PKW von BMW heute noch Schadensersatzansprüche. Dies auch dann, wenn für die PKW in der Werkstatt ein Software-Update oder eine sonstige technische Änderung im Zusammenhang mit der unzulässigen Abschalteinrichtung herbeigeführt wurde.
Wenn auch Sie Eigentümer oder Leasingnehmer eines BMW sind und Ihre Ansprüche gegen die BMW AG prüfen wollen, so ist bereits jetzt der richtige Zeitpunkt hierfür.
Anwaltskanzlei Fehrenbach
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